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Goldenes Internet
Kapitel 1: Der Marktplatz

Copyright © by V. Miszalok, last update: 23-11-2010

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  B2B, B2C, C2C
  Geschäftsmodelle
  Das Internet verändert die Geschäftswelt
  Die Wolke
  Bezahlsysteme
  Stellenmarkt für Medieninformatiker im Web-Business
  Wer ist wer in Deutschland


Im 19. Jahrhundert entstanden die ungeheuren Reichtümer der Krupp, Borsig, Rockefeller und Carnegie aus Stahl, Eisenbahn-, Schiffs- und Kanonenbau. Im 20. Jahrhundert waren es Autos, Erdöl, Chemie, Pharma und Computer.
Im 21. Jahrhundert kommt der Reichtum aus dem Internet. Die Beherrschung des Internet wird wichtiger als die Beherrschung der Ölfelder, denn weit wertvoller als Öl ist der Rohstoff Wissen, nämlich Wissen über Worte, Vorlieben und Abneigungen von Milliarden von kaufkräftigen Menschen. Aus diesem Rohstoff entstehen unter unser aller Augen in wenigen Jahren die mächtigsten Kapitalgesellschaften des 21. Jahrhunderts.
Alles steckt noch in den Anfängen, die Geschäftsmodelle sind noch experimentell. Das Informationszeitalter hat gerade erst begonnen.

Beispiele: Gründung Börsenwert 2008 in Mrd $
Microsoft1975285
Apple1976120
China Mobile1997130
Google1998160
MySpace200340
Facebook200415
Vergleiche:   
Coca Cola190095
Toyota1937125
Gazprom1992235
  Gazprom, Toyota und Coca Cola verdienen ganz altmodisch Geld mit dem Verkauf von Energie, Autos und Getränken.
Google, China Mobile und Facebook verdienen aber Geld durch Verschenken von Linklisten, Handys und Webspace. Die Open-Source-Gemeinde verschenkt sowieso alles. Auch Microsoft stellt um aufs Verschenken.
Wir Internet-Surfer befinden uns im Zustand des nicht-enden-wollenden Beschenktwerdens.
Unsere Verwirrung und unser Zeitmangel wachsen.
Wer rettet uns vor unseren Wohltätern, die merkwürdigerweise durchs Verschenken in kurzer Zeit sehr reich werden ?
Das erstaunliche Phänomen trägt den Namen Web 2.0.

Die folgenden sieben Vorlesungen über das Web 2.0 sind konzipiert für den Masterstudiengang Medieninformatik der Beuth Hochschule Berlin und betrachten die Sache aus Sicht der Beschenkten.

B2C, B2B, C2C

Web-Teilnehmer: 2009 weltweit ca. 1.7 Mrd, jährliche Wachstumsrate: ca. 40%.
Web-Anbieter: 2009 weltweit ca. 15 Mio.
Nutzungsschwerpunkte der Teilnehmer
: 1. E-Mail 75%, 2. zielgerichtete Suche 50%, 3. ziellose Suche 25%
Daten zur Internetnutzung in Deutschland: Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung AGOF.

Inhalte unterscheiden nach Bezahlung: Free content und Paid content
Paid content: in Westeuropa 2008 ca. 3.2 Mrd € Marktvolumen in der Reihenfolge: Musik, Online-Games, Video

Man unterscheidet die Web-Teilnehmer in:

BusinessHandel und Industrie
ConsumerVerbraucher, Endkunde
Governmentöffentlicher Dienst
CitizenStaatsbürger
EmployeeAngestellter eines Unternehmens

Copyright: A. Koopmann

Unter diesen Web-Teilnehmern unterscheidet man folgende etablierte Web-Beziehungen:

B2BBusinees to Business z.B. Verkauf von Mais an Hühnerfarm
B2CBusiness to Consumer z.B. Verkauf von Musik an Endverbraucher
B2EBusiness to Employeez.B. Verkauf an Mitarbeiter, Hauspost, interne Stellenausschreibung
B2GBusiness to Governmentz.B. Antwort auf Ausschreibung, gesetzliche Auskünfte, Steuererklärungen
G2BGovernment to Businessz.B. Aufforderung zur Angebotsabgabe, Gesetze, Normen
G2GGovernment to Governmentz.B. Senat an Bezirksamt, Justiz an Polizei
G2CGovernment to Citizen z.B. Forderung von Steuer, Einschulung, Wehrdienst
C2CConsumer to Consumerz.B. Online-Auktion, Tauschbörse
C2BConsumer to Business z.B. Stellengesuch

Nennenswerte Umsätze gibt es nur in den Beziehungen B2B, B2C und C2C.
Wichtiges Zukunftsfeld: Beziehungen im Gesundheitswesen zwischen Patient, Arzt, Krankenhaus, Versicherung.

Geschäftsmodelle

Modell GrundideeBeispiele
Eigenen Inhalt anbieten Wer Text, Ton oder Bild besitzt, bietet ihn zum lesen, hören und sehen an.
E-Information spiegel.de, focus.de, wallstreetonline.de
E-Entertainment xbox.de, 4players.de, movies.com, mp3.com
E-Education virtualuniversity.ch, vu.org, publiceducation.org, TheAcademy.com
E-Infotainment nationalgeographic.de, kicker.de, nba.com
Fremden Inhalt anbieten Lass andere die Arbeit machen. Text: Chat+Interest Portale
Ton: mp3.com, apple.com/de/itunes
Bild: YouTube, movies.com
Speicherplatz für Downloads aller Art: RapidShare
Fremden Inhalt verschlagworten Vordere Plätze in der Trefferliste kosten Geld Suchmaschinen: Google, Yahoo, WindowsLive
Kaufhaus Versandhandel tschibo.de, conrad.de
Fremde Ware vermakeln Trödelmarkt Ebay, shopping24.de, letsbuyit.com, billiger.de, geizkragen.de
Informationsaustausch herstellen Heiratsvermittlung, Selbstdarstellung Soziale Netzwerke: xing.com, myspace.com, facebook.com, StudiVZ
Zahlungsabwicklung Girokonto paypal.com, visa.com
Zugang zum physischen Internet Telefon- und Kabelanschluss t-online.de, 1und1.de, aol.de, gmx.de, hotmail.de, Funknetze

Gegen jede Voraussage und Logik sind weder die Inhalts- noch die Waren-Geschäfte die Goldgruben des Internet geworden, sondern die Intermediär-Geschäfte, die weder eigenen Inhalt noch eine Ware bieten, sondern nur Orientierung in und Kontakt zu fremdem Inhalt.
Grundidee: Suchmaschinen und Social Networks sind Massentreffpunkte und bieten damit eine ideale Werbefläche, von der die Content- und Commerce-Anbieter abhängig sind.
Viele Intermediär-Anbieter sehen sich als bloße Technologieanbieter und lehnen Verantwortung für illegale und bösartige Inhalte ab. Sie schauen lieber weg. Das lässt sich nicht durchhalten → Urteile wegen Beihilfe zu Marken- und Urheberrechtsverletzungen gegen Ebay, Youtube, Kazaa, RapidShare.

Unterteilung der intermediären Geschäftsmodelle nach Bezahlung:
1. indirekt durch Werbung (bringt am meisten Geld)
2. direkt tranktionsabhängig durch Nutzungsgebühren
3. direkt tranktionsunabhängig durch Grundgebühren

Eine Eigentümlichkeit des Internet-Business ist die positive Beziehung zwischen Produktnutzen und Anzahl der Nutzer beim Überschreiten einer kritischen Masse.
Diese Beziehung kann eine Lawine erzeugen: Viele Seiten werden immer interessanter, je mehr Leute dort zusammenkommen.
Solche Lawinen entstehen besonders leicht beim Angebot fremder Inhalte (z.B. User-Generated-Content-Portalen und Social Networks). Mit der Anzahl der Nutzer steigt auch der Nutzen des Gesamtangebots.
Folgen:
1. Der größte Anbieter ist am attraktivsten und hat die niedrigsten Kosten.
2. Der größte Anbieter besitzt einen Markennamen, an dem sich die Surfer orientieren.
3. Aus 1. und 2. folgt eine extrem hohe Markteintrittsbarriere für neue Anbieter.
4. Aus 1., 2. und 3. folgt ein "Winner-Takes-It-All"-Markt = Monopol.

Das Internet verändert die Geschäftswelt

Internet und Konsument
Eine Studie von von Fleishman-Hillard und Harris Interactive zeigt, dass die Informationsquellen TV, Radio, Zeitungen und Zeitschriften nur noch zweitrangige Informationsquellen des Verbrauchers sind. Dieser informiert sich über Produkte und Angebote überwiegend via Internet. Das Marketing der Konsumgüterindustrie muss sich deshalb zwangsläufig ins Internet verlagern.
Internet und Unternehmensstruktur
Wenn eine Firma Waren und Dienstleistungen von außen kauft, dann entstehen Transaktionskosten. Vor dem Internet waren diese so hoch, dass eine große Firma mit möglichst vollständiger vertikaler Wertschöpfungskette effektiv war. Siehe Ronald Coase, Nobelpreis 1991.
Das Internet hat die Transaktionskosten so gesenkt, dass es nun effektiver ist, die Wertschöpfung auf eine Kette vernetzter kleiner Einzelfirmen aufzuteilen. Siehe Wikinomics.
Große Firmen verschlanken und kleine Firmen blühen auf, die sich via Internet als spezialisiertes Kettenglied in eine lange Wertschöpfungskette einklinken.

Die Wolke

"The Cloud" heißt die neue Vision vom Internet. Es handelt sich um eine riesige verteilte Datenbank, die alle Festplatten der Welt aufsaugen und ersetzen und den PC zum Terminal degradieren wird. Jedermann schreibt seine Daten in die Wolke und man greift in die Wolke, wenn man die Daten lesen will. Software installiert man nicht mehr lokal auf Rechner und Handy, sondern sie mutiert zum Service aus der Wolke. Im Glasfasernetz ist der Standort der Rechenleistung so unwichtig wie im Stromnetz der Standort des Generators. Es zählen nur noch die Bandbreite, die Pixelzahl des Terminal-Displays und der Besitz der richtigen Passwörter.
2009 konkurrieren fünf Wolken-Projekte:

1. Google Die Google-Wolke besteht Ende 2007 aus etwa 100.000 bis 400.000 Servern in 15 bis 25 über die Welt verstreuten Serverfarmen. Man habe Anfang 2009 bereits 10 Mio Cloud-Geschäftskunden und 2500 Neuzugänge pro Tag. Mit der App Engine kann der Kunde eigene Applikationen in der Wolke bauen.
2. Microsoft  Auch Microsoft investiert sagenhafte 20 Mrd $ in seine Cloud-Infrastruktur. Mit Live Mesh (an dem sich auch Apple beteiligt) besitzt man die derzeit beste Cloud-Software, mit der man Daten jeglichen Formats up- und downladen kann. Ende 2009 soll mit Windows Azure ein Betriebssystem für Cloud-Applikationen fertig sein. Es bietet Live-, .NET-, SQL-, Sharepoint- und CRM-Dienste.
3. Amazon Die Elastic Compute Cloud von Amazon bietet Speicherplatz nur für Geschäftskunden. Auf der Amazon-Plattform bieten auch Oracle und IBM Cloud-Datenbanken an.
4. IBM Blue Cloud (nur für Geschäftskunden).
5. Salesforce www.force.com (nur für Geschäftskunden).

Viele Fragen nach Sicherheit, Verfügbarkeit, Servicequalität und Kosten sind noch offen. 2009 bieten alle Clouds ihre Dienste noch erstaunlich billig an. (z.B. verlangt Google für Firmenkunden 50 $ pro Jahr und Nutzer). Wenn das so bleibt, werden Firmen massenhaft ihre Rechenzentren abbauen, virtualisieren und in die Wolke verlegen. Desktop- und Client-Server- wird durch Cloud-Computing ersetzt. Falls die 5 Cloud-Anbieter kooperieren, entsteht eine ungeheure globale Wolke, jedenfalls eine endzeitliche, je nach Stimmungslage messianische oder apokalyptische Metamaschine, wahrscheinlich die zentrale Deponie aller Daten der Welt inklusive allen Mülls und Ausgeflipptseins.
Siehe Michael Carr: The Big Switch, mitp, 2009.
Siehe Lectures about Cloud Computing ff.

Bezahlsysteme

Es gibt folgende E-Bezahlsysteme:

1. Kreditkarten: Häufigste Methode
Nachteile für den Käufer: Jahresgebühr, Gefahr des Diebstahls der Kartendaten.
Nachteile für den Verkäufer:
- ca. 1% kassiert das Kreditkartenunternehmen.
- ca. 0.5% Betrugsquote (Deutschland) = Chargeback = Rückabwicklung notwendig, USA 2%, Japan 0.1%
- ca. 10% Problemquote: falsch eingegebene Buchstaben/Zahlen

2. Zahlungsvermittler: z.B. PayPal
Einziger Nachteil: Der Vermittler kassiert mit.

3. Electronic Bill Presentment and Payment: EBPP
Einfachste Rechnungsstellung: Verkäufer schreibt dem Kunden eine E-Mail mit PDF-Anhang, den der Kunde ausdruckt.
Nachteil: Rechnung hat keine Unterschrift.
Komplizierter: Eine Rechnung mit Abzug der Vorsteuer benötigt eine Digitale Signatur.

Stellenmarkt für Medieninformatiker im Web-Business

2008 sind in Deutschland sind 800.000 Menschen im IT-Sektor beschäftigt. Ende 2008 gibt es ca. 30.000 offene Stellen.

Laut FAZ gab es Anfang 2008 folgende Angebote für Web-Programmierer, Web-Designer und Web-Produktmanagement:
1. United Internet ("1und1"): 200 offene Stellen, 500 neue Stellen bis 2010
2. Google: Stellt weltweit täglich 20 neue Mitarbeiter ein. 70 offene Stellen in Hamburg, München, Frankfurt, Berlin, Düsseldorf.
3. Hansenet ("Alice"): 60 offene Stellen
4. Scout-Gruppe ("Autoscout24", "Immobilienscout24"): 57 offene Stellen
5. Amazon: 40 offene Stellen

Beliebtester Arbeitgeber ist Google.
Geboten werden überall viel Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, was im Klartext heißt: massenhaft unbezahlte Überstunden.

Durchschnittliche Gehälter im ersten Berufsjahr:
- Leiter Programmierung, Leiter Marketing und Vertrieb, Leiter Projektmanagement: 40.000 €
- Entwicklung 3D-Grafik, Datenbank, Web-Seiten, Webmaster: 30.000 €
- Text- und Online-Redakteur: 26.000 €
Interessant: Gehaltsvergleich zwischen Web-Designern und Web-Developern
Absolventen von Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien und privaten Hochschulen werden gleich bezahlt. Bisher ist nicht erkennbar, ob ein Master Vorteile gegenüber einem Bachelor hat. Honoriert wird Erfahrung, wobei kaum eine Rolle spielt, ob die Erfahrung als Angestellter oder als Praktikant erworben wurde.

Heuern und Feuern:
Firmenintern laufen Einstellungen oft so ab:
1. Ein Projektleiter kann seine Termine nicht halten, will nicht zugeben, dass er unfähig ist, sondern begründet dies mit Personalmangel.
2. Die Geschäftsleitung genehmigt eine Einstellung.
3. Der Projektleiter schickt dem Personalchef die Anforderungen.
4. Die Personalabteilung schreibt aus.
5. Die Bewerbungen gehen ein und werden vorsortiert.
6. Die Bewerbungen gehen an den Projektleiter, dieser wählt 4 Kandidaten.
7. Die Personalabteilung lädt zu den Vorstellungsgesprächen.
8. Der Projektleiter ist überlastet und kann an den Vorstellungsgesprächen nicht teilnehmen.
9. Die Personalabteilung hat keine Ahnung, wen sie nehmen soll und stellt alle auf Probe ein.
10. Der Projektleiter setzt alle in einen Raum und gibt allen die gleiche Aufgabe.
11. Es folgen Kündigungen nach einer, zwei und nach vier Wochen. Wer übrig bleibt, ist der/die richtige.

Zukunftsaussichten:
Das Internet bietet sichere Arbeitsplätze für eine kleine digitale Elite. Es erodiert (darin liegt sein Wettbewerbsvorteil) die anderen Arbeitsplätze in Verwaltung, Logistik, Distribution und damit erodiert es die alte Ökonomie und deren Mittelschicht. Beispiele: Amazon tötet den Buchhändler, SAP tötet den Buchhalter.

Wer ist wer in Deutschland

Die deutschen Matadore des Web 2.0 sind Schiffbrüchige aus dem Web-1.0-Crash von 2001. Damals brach die erste Welle der New Economy (Platzen der Internetblase = Bubble Burst) und viel Risikokapital hatte sich als solches erwiesen. Aus dem Untergang gerettet wurden Visionen von und Ideen für Internet-Geschäfte.

 früherheute
Lars Hinrichs PR-Beratung und SoftwareXing
Hubert Burda Burda VerlagHubert Burda Media
Ralph Dommermuth   United Internet
Marc, Oliver, Alexander Samwer alando.de, Jamba Risikokapitalgeber
Rolf Hansen Letsbuyit Simyo = Mobilfunk
Philipp Humm AmazonT-Mobile
Paulus NeefPixelpark Neva media = HandyTV
Stephan SchambachIntershop Demandware, Boston
Markus RieckeeBay, StudiVZ ?
Clemens RiedlHoltzbrinck, Tagesspiegel StudiVZ

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